HAUSHALTSREDE 2021

Im Blick auf das Infektionsgeschehen in Halver und um die Ratssitzung am Montag, 22.02.2021 nicht zusätzlich in die Länge zu ziehen , haben alle Ratsfraktionen beschlossen, auf die traditionellen Haushaltsreden zu verzichten. Stattdessen veröffentlichen wir die Haushaltsrede von Dr. Sabine Wallmann auf unserer Internetseite:


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Tempelmann,
liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

unterm Strich finden wir heute im Ergebnisplan 2021 eine positive Zahl von 532.871,–, davon 350.000 € gesenkte Kreisumlage. Damit ist der Haushalt auf dem Papier ausgeglichen. Auch für die folgenden Jahre hat es der Kämmerer  irgendwie am Ende geschafft, eine schwarze Zahl zu errechnen. 

Aber wenn man genau hinschaut, kann man nur schwindelig werden:

  • Das Ergebnis der lfd. Verwaltungstätigkeit lautet  – 2,3 Mio., inklusive 2 Mio. aufgelöste Rückstellungen aus 2018.
  • Nur die Isolierung Corona-bedingter Kosten (Mindereinnahmen ca. 2,1 Mio und Mehr­aufwen­dungen von 220.000€), helfen uns, den Haushalt auf dem Papier auszugleichen, da sie durch einen „Zauberstab“ zu außerordentlichen Erträgen werden. 

Dieser Posten zeigt im Übrigen, dass eine schlichte Erhöhung der geplanten Einnahmen, wie von der SPD in einigen Ausschüssen gefordert, keinerlei Effekt hätte. Mögliche Mehreinnahmen haben wir ja durch den Buchungstrick aufgefangen. 

  • Und auch die verminderte Kreisumlage von 350.000 €, die uns zumindest Liquidität schenkt, entsteht durch den gleichen Buchungstrick. Dieses Geld müssen wir dem Kreis in den kommenden Jahren zusätzlich zahlen.

Der Finanzplan für 2021 zeigt uns einen Finanzmittel-Fehlbetrag von -13,7 Mio. €
Das Ergebnis 2019 zeigte noch einen Finanzmittelüberschuss von 1,9 Mio. €.

Ein seriöser Haushalt sieht anders aus! Und dass Sie mich hier nicht  falsch verstehen. Die Kritik gilt nicht Markus Tempelmann und Annette Schulte. Sie sind lediglich die Überbringer der schlechten Nachricht! Diese Zahlen müssen wir uns alle ans Bein binden. Wir werden in den kommenden Monaten alle gemeinsam dafür sorgen müssen, dass sich dieses strukturelle Defizit vermindert. 

Das bedeutet eine klare Priorisierung von Projekten in diesem und im nächsten Jahr durch den Rat. Die UWG fordert die Verwaltung auf, kurzfristig einen Projektplan für die kommenden Monate vorzulegen. 

Dringlichkeitsbeschlüsse mit Ausgaben in erheblicher Höhe oder die Vergabe von konkreten Aufträgen am Rat vorbei wie in den letzten Monaten darf es nicht mehr geben – auch wenn im Haushalt Mittel vordergründig vorhanden sind. 

Denn den geplanten Finanzmittelfehlbetrag von – 13,7 Mio. dürfen wir nicht ausschöpfen!

Und im Notfall fordern wir statt Dringlichkeitsbeschlüssen einen außerplanmäßigen Hauptausschuss zur Entscheidung. Nur so werden wir gemeinsam die Ausgaben in den Griff bekommen. 

In einer Zeit, in der keiner von uns eine Glaskugel besitzt, die uns sagt, wie es weiter gehen wird, brauchen wir diese Disziplin in Verwaltung und Politik.

Dieser Haushalt bildet die Corona-bedingten Kosten nur als trockene Zahl ab. 

Bürgerinnen und Bürger interessiert diese Zahl derzeit verständlicherweise wenig. 

Und auch wir hier verbinden doch mit Corona wie jeder Bürger derzeit eher negative Gefühle. Gefühle der Ohnmacht, der Unsicherheit, der Verletzlichkeit und der Sorge um Gesundheit und Existenz. Aber auch der Wut. Wir fühlen uns als Spielball dieses Virus´, aber auch als Spielball politischer Entscheidungen, die nicht immer verständlich und logisch sind. 

Berlin und Düsseldorf haben uns die Anweisung gegeben, heute Kitas und Schulen wieder zu öffnen. Aber ohne uns proaktiv Maßnahmen an die Hand zu geben, um Lehrerinnen, Erziehern, Eltern und Kindern Sicherheit zu geben. Dabei sind viele Wissenschaftler, Behörden und  Kommunalpolitiker der Überzeugung, dass regelmäßige Schnelltests in Schule und Kita ein Game Changer bis zur breiten Impfung sein können. 

Boris Palmer entwickelt eine Strategie zur Testung von Schülern, Lehrer testen sich dort bereits selbst. So auch in Berlin. Rostocks OB Ruhe ist auf dem gleichen Weg. Und das Kölner Gesundheitsamt und Karl Lauterbach fordern dies gemeinsam.

Wir wissen auch, dass ein Bürgermeister einer kreisabhängigen Kleinstadt nicht so forsch vorpreschen kann, wie ein Oberbürgermeister von Tübingen oder Rostock. 

Aber wir müssen in Sachen Schnelltests bei Schülern den Druck von unten auf Kreis, Bezirksregierung und Düsseldorf erhöhen. Das erwarten unsere Bürger. 

Und wenn wir es dann dürfen, müssen wir organisatorisch dazu bereit sein. Und falls das Land nicht sofort die Kosten übernimmt, müssen wir halt in Halver in Vorleistung gehen. Das war das Ziel des Antrags der FDP und UWG.

Ein anderes Problem können wir schneller lösen: Lehrerinnen und Erzieher dürfen sich seit kurzer Zeit in NRW 2 x pro Woche testen lassen. Von den Betroffenen hören wir jedoch, dass das praktisch nicht funktioniert. Was können wir tun?

Entweder wir bauen mit Hilfe des DRK, der Feuerwehr und Pflegediensten, die schon Tests anbieten, kurzfristig ein kleines Testzentrum auf (3x pro Woche), in dem sich Lehrerinnen und Erzieher unbürokratisch testen lassen können und rechnen dies mit dem Land ab. 

Oder – falls schon erlaubt – wir stellen dieser Gruppe Selbsttests zur Verfügung und schulen sie mit Hilfe von Experten, damit sie die Tests zu Hause durchführen können. Oder wir schicken einfach mobile Testteams in Schule und Kita.

Und wie gesagt: Rechnung nach Düsseldorf.

Das sind wir den Schulen und Kitas in Halver einfach schuldig, die in dieser Pandemie eine überragende Arbeit für die Gesellschaft geleistet haben. 

Die UWG wird den Haushaltsplänen für 2021-2024 mit Bauchschmerzen zustimmen, nachdem sie zumindest auf dem Papier ausgeglichen sind. 

Danke an Markus Tempelmann – auch für die letzte Wochenendschicht, die uns diesen Ausgleich bescherte – und an Annette Schulte für die schwierige Detailarbeit und die verständlichen Erklärungen im Vorbericht. 

Wir stimmen zu, da wir der Überzeugung sind, dass wir diese Krise nur alle gemeinsam in den Griff bekommen.

Vielen Dank!

Dr. Sabine Wallmann
stellv. Fraktionsvorsitzende der UWG Halver


Die Haushaltsrede der UWG können Sie hier als PDF herunterladen:

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